In der letzten Zeit fällt mir auf, dass das Thema „Streit“ eher passiv besetzt ist. Man streitet sich nicht mehr, sondern man lässt schlichten.  Ob Stuttgart21, Tarifgespräche der Gewerkschaften, selbst an Grundschulen gibt es inzwischen Streitschlichter, die in Konfliktsituationen vermitteln sollen.
Grundsätzlich ist „streiten“ nichts Negatives, im Gegenteil. Meinungsverschiedenheiten und Konflikte sind seit jeher in allen Formen menschlichen Zusammenlebens zu finden und tragen zu einer lebendigen Gesellschaft bei. Bei einem konstruktiven Streit vertreten  Menschen verbal ihren eigenen Standpunkt und erkennen gleichzeitig an, dass der Andere einen anderen Standpunkt hat und auch haben darf. Soweit die Theorie.

Aus der wissenschaftlichen Forschung wissen wir, dass Menschen in Extremsituationen unbewusst immer auf Handlungsmuster zurückgreifen , die Ihnen vertraut sind und die sich in der Vergangenheit als hilfreich erwiesen haben. Und so regieren die meisten von uns in Konflikten entweder mit Angriff,  Kampf oder Fluchtverhalten. Alles keine wirklich konstruktiven Ansätze. Zum einen weil wir in einem Reiz-Reaktions-Muster gefangen sind und nicht wirklich frei agieren. Zusätzlich schaffen wir  mit unserem Verhalten  keine Verbindung zum anderen, sondern nur noch mehr Distanz, d.h. die Aussichten auf eine Verständigung werden immer geringer.

Was hindert uns daran, unseren Streit selbst in die Hand zu nehmen?
Vielleicht, weil wir es nicht gelernt haben? Weil wir schon im Kindesalter hören „Streitet euch nicht!“ und andere damit den Konflikt für uns beenden statt uns Kompetenzen zu vermitteln, wie wir konstruktiv unsere Interessen kundtun können?

Brauchen wir einen Dritten, von dem wir glauben, dass er unsere Interessen besser vertreten kann  oder gar durchsetzt?